Mittwoch, 29. Mai 2013
in Valençay auf dem Weg zum Château
Wir müssen wieder lange warten, bis der Regen endlich aufhört. Derweil sind wir damit beschäftigt, die Lieben daheim anzurufen und zu fragen, wer von ihnen die Fahrzeugpapiere vom Panzer hat? Ob Annettes Freundin oder Herberts Exfrau? Denn nach über 3,5 Jahren können wir uns daran einfach nicht mehr erinnern. Die Papiere sind dann bei Herberts Exfrau und werden morgen zum Anwalt gebracht. Uff, wieder einen Schritt weiter. Wir sind mal gespannt, ob die Bankbürgschaft wirklich so ohne weiteres greift. Eingeleitet ist jedenfalls seit Montag alles. Um 15 Uhr können wir endlich losgehen nach Valençay; jetzt scheint kein Regen mehr zu kommen. Das Schloss von Valençay soll eines der mit Möbeln am reichsten ausgestatteten Schlösser im Loire-Tal sein. Und so wollen wir mal hineingehen.
rechts geht es zum Schloss hin
Eingangs- und Empfangsbereich sehen schon mal richtig gut aus. 12 EUR Eintritt und mit einem Audioguide ausgestattet sind wir dann im inneren Schlossparkgelände. alles ist wie immer sehr gut gepflegt, aber man merkt auch, dass der Regen hier gewütet haben muss. In vielen Blumenbeeten fehlen jegliche Blumen, als hätte man sie lieber herausgerissen als vom Regen verwüstet dastehen zu lassen.
so präsentiert sich das Château de Valençay
Auf zwei großen Tafeln in sechs Sprachen lesen wir, dass Jacques d'Etampes in 1540 auf den Ruinen einer mittelalterlichen Festung aus dem 12. Jh. ein Schloss im Maßstab der großen königlichen Wohnsitze des Loire-Tals errichten ließ. Im Laufe des Jahrhunderte wurde das Schloss erweitert und vergrößert, zum Beispiel um einen Westflügel, um Kuppeldächer und Ecktürme. 1803 dann erwarb Charles-Maurice de Talleyrand-Périgord - im Audioguide ist dann immer von Monsieur Talleyrand die Rede - das Schloss. Als Außenminister von Napoléon Bonaparte nutzte er das Schloss, um hier Empfänge für für hohe Gäste zu geben. Damals war Valençay eines der drei größten Landgüter Frankreichs: es umfasste 12.000 Hektar Land, mehr als hundert Bauernhöfe, Felder, Weinanpflanzungen und Wälder. Nach Talleyrands Tod 1838 blieb das Gut bis 1979 im Besitz seiner Erben, der Herzöge von Valençay. Heute gehören das Schloss und der Park einem Syndikat an, und die Restaurierung und die kulturelle Aufwertung des Schlosses von Valençay werden durch den französischen Staat und die EU unterstützt.
an der Billeterie, der Kasse
wir sind im Innern des Schlossparks
durch dieses Tor geht es auf den Schlosshof
Voilà, der Blick auf einen Teil des Schlossparks
wir wandeln eine Weile über die Anlage
Mit so viel Wissen wandeln wir eine Weile durch den Schlosspark und betreten dann das Schloss selbst. Alles ist wirklich prächtig und behaglich eingerichtet, die Räume eher klein; dicke Teppiche schlucken jeden Lärm. Uns gefallen die feinen Gardinen und Tapeten. Der Audioguide erklärt alles bis ins Detail; manchmal schalten wir auch einfach weiter. Schon die Bezeichnungen der Räumlichkeiten wie Chambre de la Duchesse de Dino, Cabinet de Travail (Arbeitszimmer), Cabinet de Toilette, Chambre du Roi d'Espagne (Saal des spanischen Königs) klingen ja so elegant. Zwischen 1808 und 1814 beherbergte das Schloss die Prinzen Spaniens, die sich auf die Anordnung Napoléons nach Valençay ins Exil begaben.
eine der Schlafkammern
Uns gefällt auch die lange Galerie, die früher zum Park hin offen war. Heute ist sie mit großen Fensterflächen versehen. Ansonsten staunen wir, dass hier und da ein ägyptischer Einschlag an den Möbelstücken zu sehen ist. Wie die Köpfe von Sphinxen, Kuhfüße als Tischbeine, Hieroglyphen als Verzierungen usw. Monsieur Talleyrand hatte übrigens einen verkrüppelten rechten Fuß, und sein entsprechender Schuh und auch eine Art von Rollstuhl sind ausgestellt.
die langgezogene Galerie mit Blick auf den Park war früher offen
das Cabinet de Toilette
Blick ins Cabinet de Travail, das Arbeitszimmer
eine weitere Galerie
ein Blick ins Musikzimmer
Blick aus dem Fenster, das Herbert extra geöffnet hat
wir steigen die Ehrentreppe hinabIn einem der Räumlichkeiten ist Herbert so keck und öffnet eines der Fenster, weil der Blick auf den Schlosspark so bezaubernd ist. Und weil ein Foto durch die Schlierenfenster nicht möglich ist. Die Ehrentreppe - Escalier d'Honneur - die Monsieur Talleyrand später einbauen ließ, ist auch prächtig; sie hat niedrigere Stufen als gewöhnlich, um ihm den Auf- und Abstieg zu erleichtern. Diese Treppe nehmen wir zum Schluss unserer Besichtigung und finden uns im Speisesaal wieder. Hier konnte man bis zu 36 Gäste bewirten. Alles ist sehr prächtig und auch sehr gut erhalten. Gehegt und gepflegt.
im Rücken haben wir den Speisesaal
Blick in den Speisesaal
der Anblick der Blumen tut ja so gut
nun müssen wir um das Schloss herumlaufen zum Westflügel, wo sich die Küche befindet
Unser Weg führt nun außen um das Schloss herum und zur Schlossküche und den Weinkellern. Es ist eine Freude, ein paar Frühlingsblumen zu sehen zu bekommen, wo doch der Mai so schrecklich verregnet war und auf die letzten paar Tage auch nicht besser wird. Die Schlossküche befindet sich im Erdgeschoss des Westflügels und, so lesen wir, war für das frühe 19. Jh. erstaunlich modern ausgestattet. In 1815, auf den Rat Monsieur Talleyrands Nichte hin, der Duchesse de Dino, wurde eine Wiener Küchenausstattung direkt aus Wien importiert, da diese als die bestmögliche war um Kuchen und Mehlspeisen zuzubereiten. Diese Ausstattung funktioniert bis zum heutigen Tage tadellos.
alles mutet wie ein Kellergewölbe an, obwohl wir uns im Erdgeschoss des Westflügels befinden
alles blitzt und glänzt in der Schlossküche
Auch Fließendwasser war in diesen frühen Tagen schon möglich, das den Abwasch und die Reinhaltung der Küche sehr erleichtert hat. Die Wände sind mit allem ausgestattet, was man benötigt. Grillspieße, Brotofen, eine ganze Batterie von Kupferpfannen, Eismaschine, riesige Kasserollen, alle mit einem Monogramm versehen. Monsieur Talleyrand war ein großer Gourmet und hat die größten Köche der damaligen Zeit zu sich aufs Schloss geholt. Jeden Morgen soll er sich eine Stunde lang in der Küche aufgehalten und sich nach jedermann erkundigt haben, mit den Küchenmädchen gescherzt und die Bedienung ausgehorcht haben, was sie am Vorabend denn so alles gehört hätten. Also uns gefallen die gewölbeartigen Räumlichkeiten.
ein Blick in die große Speisekammer
alles ist verstaubt im Weinkeller
Jetzt noch in den Weinkeller, wo sich angestaubte Weinflaschen stapeln und türmen. Klamm und kalt ist es hier unten, und das ist auch so gewollt. Wieder draußen, wandeln wir noch ein wenig durch den Schlosspark, der allein sich auf eine Fläche von 100 Hektar erstreckt. Dann verlassen wir das Schlossgelände und tun noch ein paar Schritte durch den Ort Valençay. Auf dem Marktplatz angekommen, sind schon wieder dicke schwarze Wolken im Anmarsch, sodass wir uns besser auf den Heimweg machen. Abends dröppelt es dann wieder vom Himmel.
vom Schlosspark können wir die Kirche von Valençay sehen
wir gehen zum Ausgang zurück
wir verlassen das Schlossgelände
am Marktplatz von Valençay angekommen, rücken schon wieder dicke schwarze Wolken an